Ethik - Wissenschaft oder Lebenskunst? Modelle der Normenbegründung von der Antike bis zur Frühen Neuzeit

Ethics - Science or Art of Living? Models of Moral Philosophy from Antiquity to the Early Modern Era

4.-6. November 2004
LMU München
Ludwigstraße 31/406



Beschreibung

Die Frage, an welchen Normen sich das Handeln der Menschen orientieren solle und wie sich derartige Normen finden, begründen, legitimieren und umsetzen lassen, beschäftigt die Philosophie seit der Antike bis in unsere Gegenwart. Dabei variieren die Antworten auf die Frage, welche Aufgabe die Philosophie hierbei zu übernehmen hat: Soll sie die Praxis beschreiben und analysieren oder selbst ethisch engagiert sein und für bestimmte Werte plädieren? Sollen die Philosophen selbst ethisch vorbildlich handeln oder spielt dies für die philosophische Ethik keine Rolle?

Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts, vor allem aber im 15. Jahrhundert entstehen in Italien außerhalb und neben der akademischen Beschäftigung mit Ethik zahlreiche konkurrierende ethische Entwürfe, die für eine realitätsnahe, ethisch engagierte Moralphilosophie plädieren. Die Verfasser — wie Petrarca, Bruni, Alberti und viele andere — beziehen sich dabei auf unterschiedliche überlieferte Positionen und reklamieren einen in der zeitgenössischen akademischen Philosophie wenig präsenten Begriff von praktischer Philosophie, so daß sich ihnen in besonderer Weise die Frage nach der Legitimierung der von ihnen beanspruchten Autoritäten stellt.

Um dieses kulturelle Phänomen einer "humanistischen Ethik" in seinen Voraussetzungen, Bedingungen und Wirkungen angemessen verstehen und würdigen zu können, soll neben den ethischen Konzepten von Humanisten selbst, die im Zentrum des Kolloquiums stehen, auch den philosophischen Traditionssträngen, die zu der Ausbildung dieser Form von Ethik geführt haben, von der Antike bis ins Spätmittelalter und ihren Nachwirkungen im 16. und 17. Jahrhundert nachgegangen werden. Da die Humanisten nicht in einem "kulturellen Vakuum" schreiben, werden auch die Wechselwirkungen und gegenseitigen Einflußnahmen mit gegenläufigen zeitgenössischen Traditionen bedacht.

Programm

Donnerstag, 4. November 2004

14.00—14.30
Begrüßung
14.30—15.15
Maximilian Forschner, Erlangen
Über die stoische Begründung des Guten und Wertvollen
15.15—16.00
Malte Hossenfelder, Graz
Der Epikureismus – eine Wissenschaft der Lebenskunst
16.00—16.30
Kaffeepause
16.30—17.15
Thomas Ricklin, Neuchâtel
Seneca der Minderbruder: Die réécriture einer moralischen Instanz durch Roger Bacon und Johannes von Wales
17.15—18.00
Daniel A. Di Liscia, München
Kalkulierte Ethik
18.00—18.45
Ruedi Imbach, Paris
Ethik als Erste Philosophie bei Dante

Freitag, 5. November 2004

9.00—9.45
Sonia Gentili, Rom
Dall'uomo "animale sociale" di Aristotele alla "vita solitaria" di Petrarca
9.45—10.30
Heinrich C. Kuhn, München
Petrarcas "De remediis": Ethik ohne Richtschnur?
10:30—11:00
Kaffeepause
11.00—11.45
James Hankins, Harvard
Teaching Civil Prudence in the Historical Writings of Leonardo Bruni
11.45—12.30
Martin Schmeisser, München
"Recte agere" als "imitatio naturae" bei Giannozzo Manetti
12.30—15.00
Mittagspause
15.00—15.45
Eckhard Keßler, München
Lorenzo Valla: "De modo et arte philosophiam moralem convenienter tractandi" — Über die Art und Weise, angemessen von der Moralphilosophie zu handeln
15.45—16.30
Lodi Nauta, Groningen
Lorenzo Valla on the virtues
16.30—17.00
Kaffeepause
17.00—17.45
Sabrina Ebbersmeyer, München
Aristotelian virtue in Humanist Thought / Die Rezeption des aristotelischen Tugendbegriffs durch die Humanisten
17.45—18.30
David A. Lines, Miami
Zwinger and the Vision of Ethics in the Sixteenth Century

Samstag, 6. November 2004

9.00—9.45
Jill Kraye, London
Philology, Moral Philosophy, and Religion in Thomas Gataker's Edition of Marcus Aurelius's Meditations (1652)
9.45—10.30
Andreas Vieth, Münster
Konzepte des Richtigen und Guten als Unterscheidungskriterium vormoderner und moderner Ethikansätze
10.30—11.00
Kaffeepause
11.00—11.45
Thomas Duve, München
Für wen gilt welches Recht? Konkrete Normbegründung in der Neuen Welt
11.45—12.30
Jan Rohls, München
Zwischen Stoizismus und Aristotelismus – Lutherische und reformierte Ethik im Zeitalter der Orthodoxie
12.30—13.15
Otfried Höffe, Tübingen
Ethik als praktische Philosophie: Aristoteles
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