Novità – das 'Neue' in der Kunst um 1600:
Theorien, Mythen, Praktiken

28. Februar – 1. März 2008
Historicum der LMU München, Raum 001, Schellingstr. 12,
80799 München

Tagung des Teilprojekts B 2



Beschreibung

Die Tagung geht von der These aus, dass in den Jahrzehnten um 1600 die Vorstellung von 'radikalem Traditionsbruch' und 'voraussetzungslosem Neuanfang' in den Bildkünsten erstmals weithin denkbar wird und eine entscheidende Rolle auf Gestaltung, Wahrnehmung und Einschätzung der Künste zu spielen beginnt. Neben dem bislang ausschließlich vertretenen Modell der Imitatio (zumeist der Antike) entsteht so eine grundsätzlich anders konzipierte Alternative, die Kategorie des 'Neuen' zu fassen. Zwischen diesen beiden Extremen wird im zeitgenössischen Kunstdiskurs zudem eine Vielzahl von 'Zwischenlösungen' erprobt, wie Neues konzeptualisiert und produziert werden kann.
Gefragt wird also nach der Bedeutung von Vorstellungen, Theorien und pragmatischen Umsetzungen, die das 'Neue' in den Bildkünsten betreffen, und zwar sowohl auf der Ebene der Produktion und Rezeption von Werken wie auf derjenigen des Selbstverständnisses und der Fremdeinschätzung von Künstlern und ihrer Kunst. Wobei man davon ausgehen muss, dass sich die Auseinandersetzungen und Positionsbestimmungen im dauernden Wechselspiel zwischen Theorie und Praxis vollzogen. Zudem lassen sich diese Diskussionen nicht mehr regional begrenzen: Vorstellungen zum 'Neuen' in Kunst und Kunsttheorie formieren sich Länder übergreifend im Austausch von Italien, den Niederlanden, Prag, den Kunst-Importen aus außereuropäischen Ländern usw.
Die Tagung — mit ihrer bewussten Engführung auf den Kunstdiskurs — versteht sich so auch als Beitrag zu einer umfassenden Bestimmung und Präzisierung des 'epistemischen Wandels' um 1600.

Programm

Donnerstag, 28. Februar


14.30
Begrüßung / Einführung
 
Sektion I: Novità — Konkurrierende Modelle des Neuen um 1600
Moderation: Jörn Steigerwald, Bochum
15.00
Giovanna Perini, Perugia/Florenz
Ludovico Carracci and the Beginning of the Carracci Reform of Painting — A.D. 1584
15.45
Jörg Robert, Würzburg
Supra commendavi novitatem, velut alteram Animam Poetae. Das Neue im literarischen und poetologischen Diskurs der Frühen Neuzeit (1600 bis 1700)
16.30
Kaffeepause
17.00
Michael Thimann, Florenz
Eine neue Mythologie. Christliche Poesie, Allegorie und die Bildkonzepte um 1600
19.00
Ulrich Pfisterer, München
Wie Pictura anfängt — Bildmetaphern zum Neuen in den Künsten um 1600

Freitag, 29. Februar


 
Sektion II: Détruire la Peinture – Carracci, Caravaggio und ihre Kritiker
Moderation: Alfons Reckermann, München
09.00
Sybille Ebert-Schifferer, Rom
Annibale Carraccis Bohnenesser: Naturalismus/Realismus? Revolution als Nebenprodukt
09.45
Valeska von Rosen, Bochum
Caravaggio und die Erweiterung des Bildwürdigen
10.30
Kaffeepause
11.00
Julian Kliemann, Rom
Wie zerstört man Malerei?
11.45
Elisabeth Oy-Marra, Mainz
Traditionsbindung und Innovationsverständnis im Schatten der Carracci: Divergierende Bildkonzepte bei Domenichino und Giovanni Lanfranco
12.30
Mittagspause
 
Sektion III: Übernahmen/Abgrenzungen: Nordalpine Novità
14.15
Christine Göttler, Seattle
"Nieuw", "seldtsaem" und "vreemdt":
Technik, Medium und künstlerische Invention in der niederländischen Malerei um 1600
15.00
Ulrich Heinen, Wuppertal
Binnendifferenzierung statt Ausdifferenzierung der Systeme. Die katholische Reform einer integralen Bildpraxis um 1600
15.45
Kaffeepause
16.15
Nils Büttner, Dortmund
Een veerdige handelinge op de nieuw manier — Das Neue und die Kategorie des Neuen in Haarlem um 1600
17.00
Eckhard Leuschner, Passau
Innovation ohne den "Großen Innovator"? Zur Italienrezeption und Modernisierung der Antwerpener Kunst während der Abwesenheit von Rubens (1600—1608)
19.00
Abendvortrag:
Philip Sohm, Toronto
The Economics of Novità:
theories and pragmatics of artistic change around 1600

Samstag, 1. März


 
Sektion IV: Praktiken und Pragmatiken des Neuen
Moderation: Cornel Zwierlein, München
09.00
Heiko Damm, Florenz
Das alte Bild als Modell des Neuen:
Zur Transformation der "Santissima Annunziata" in der Florentiner Malerei um 1600
09.45
Maria H. Loh, London
Titan Remade — What’s So New about Early Modern Modernity
10.30
Kaffeepause
11.00
Jonathan Unglaub, Brandeis
Poussin and Rospigliosi: Originals, Copies and Modes
11.45
Gabriele Wimböck, München
Künstlerkonkurrenzen und Innovations-Konzepte
12.30
Abschlußdiskussion/Resümee
13.00
Ende der Tagung

Informationen

Konzeption und Organisation

Gabriele Wimböck
Ulrich Pfisterer

Sonderforschungsbreich 573
Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit

Institut für Kunstgeschichte
Ludwig Maximilians Universität München

Gefördert durch die Fritz Thyssen Stiftung

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