»Inter latinos graecissimus, inter graecos latinissimus«
Bessarion im Wechselspiel kultureller Integration

Tagung der Teilprojekte A 12 und C 11
21. bis 23. Juli 2011 in München

21./23. Juli 2011 (Kaulbach-Villa, Kaulbachstr. 15, 80539 München)
22. Juli 2011 (IBZ, Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft, Amalienstr. 38, 80799 München)



Exposé

Das berühmte Diktum Lorenzo Vallas, Kardinal Bessarion sei »inter latinos graecissimus, inter graecos latinissimus«, lässt in seiner Ambivalenz das breite Spektrum des Umgangs mit ›kultureller Differenz‹ zwischen lateinischem Westen und griechischem Osten erahnen. Bessarion steht als Grenzgänger zwischen beiden Welten, als Vermittler, Integrator und humanistischer Patron im Zentrum der kulturellen Eingliederungs- und Ausschließungsprozesse, wie sie die Frühe Neuzeit prägen. Der Kardinal gehörte zu den wichtigsten griechischen Emigranten, die im Zuge des Florentiner Konzils und der osmanischen Eroberung Konstantinopels nach Italien kamen. Im Laufe seines Lebens füllte er verschiedene Ämter und gesellschaftliche Funktionen aus, bewegte sich in vielerlei unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen und beteiligte sich an den wichtigsten, aber auch an vielen weniger wichtigen Diskursen der Zeit, die jedoch allesamt den Hintergrund für die Deutung seiner politischen, theologischen, wissenschaftlichen und philosophischen Aktivitäten bilden.

Die Tagung ist auf die Beobachtung und Untersuchung von Prozessen und Mechanismen der ›Integration‹ von ›kultureller Differenz‹ ausgerichtet. Untersucht wird zum einen die Gestaltung der Aufnahme Bessarions in okzidental-lateinische Kreise, zum anderen die Beziehungen des Kardinals zu seiner griechischen Heimat, zu anderen Exilgriechen sowie die sich eventuell ergebenden Formen griechischer Desintegration und lateinischer Integration. Darüber hinaus beleuchten akzentuierende Beiträge Bessarions Vertrautenkreis, das Kardinalskollegium und sein Wirken als Legat. Weitere Schwerpunktbereiche beschäftigen sich ebenso mit dem Einfluss des Kardinals auf die Rezeption griechischer Wissenschaften wie mit der Frage, wie das Bild antiker Philosophie durch Bessarion und dessen Entourage konstruiert wird und sich diese (Re-)Konstruktionen von anderen zeitgenössischen Versuchen, die Philosophie neu zu fassen, unterscheiden. Ziel der Tagung ist es, ein möglichst differenziertes Bild des komplexen Zusammenspiels der genannten Prozesse zu gewinnen, welches erlaubt, die kulturellen Integrations- bzw. Desintegrationsbemühungen des griechisch-lateinisch-italienischen Kulturnetzwerks im 15. Jahrhundert nachzuvollziehen.

Programm

Donnerstag, 21. Juli 2011

13.50 — 14.00
Begrüßung und Einführung
14.00 — 14.45
Brigitte Tambrun:
Bessarion, de Trébizonde à Mistra : un parcours intellectuel
14.45 — 15.30
Concetta Bianca:
Da Firenze a Grottaferrata: greci e latini all'ombra del Bessarione
15.30 — 16.00
Pause
16.00 — 16.45
Claudia Märtl:
Kardinal Bessarion als Legat im Deutschen Reich (1460/61)
16.45 — 17.30
Sebastian Kolditz:
Bessarion und der griechische Episkopat im Kontext des Konzils von Ferrara-Florenz
17.30 — 18.00
Pause
18.00 — 20.00
John Monfasani:
The Pre- and Post-History of Cardinal Bessarion's 1469 In Calumniatorem Platonis

Freitag, 22. Juli 2011

09.00 — 09.45
Duane Henderson:
Bessarion, Cardinalis Nicenus
09.45 — 10.30
Panagiotis Kourniakos:
Das historische unicum des griechischen Kardinals Bessarion
10.30 — 11.00
Pause
11.00 — 11.45
Alexander Riehle:
Soziale Netzwerke und Briefverkehr in einem melting pot der frühen Neuzeit. Michaelos Apostoles, Bessarion und das griechisch-venezianische Kreta
11.45 — 12.30
Holger Klein:
Die Staurothek Kardinal Bessarions: Bildrhetorik und Reliquienkult im Venedig des späten Mittelalters
12.30 — 14.00
Mittagspause
14.00 — 14.45
Brigitte Mondrain:
Le cardinal Bessarion et la constitution de sa collection de manuscrits grecs - ou comment contribuer à l'intégration du patrimoine littéraire grec et byzantin en Occident
14.45 — 15.30
Bernhard Kölbl:
Assimilation des Neuen - Reform des Systems: Strategien im Umgang mit griechischen Quellen in der Musiktheorie an der Wende vom 15. zum 16. Jh.
15.30 — 16.00
Pause
16.00 — 16.45
Nikolaus Egel:
Bessarion als Geograph? Bessarions Rolle in der Vermittlung der Geographia des Ptolemäus und ihre Aufnahme durch die italienischen Humanisten
16.45 — 17.30
Sergei Mariev:
Controversia Aristotelica: Bessarion und seine Kontrahenten
17.30 — 18.15
Thomas Ricklin:
Bessarions Türke und andere Türken interessierter Kreise

Samstag, 23. Juli 2011

09.30 — 10.15
Christian Kaiser:
Bios und Eros — Leben und Lieben des "göttlichen Platon" im Kreise Bessarions
10.15 — 11.00
Arthur Field:
Marsilio Ficino and Contemporary Greeks: Real and Imagined Debts
11.00 — 11.15
Pause
11.15 — 12.00
Manuela Kahle:
"Die Seele aber wird zum unsterblichen Gott wollen..." Funeralrhetorik als Spiegel griechisch-lateinischer Integration
12.00
Verabschiedung



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