A 12 Diogenes Laertius latinus zwischen ca. 1416 und 1533
(Geschichte der Philosophie, Renaissanceforschung)

Seminar für Geistesgeschichte und Philosophie der Renaissance

Postadresse: Ludwigstraße 31, 80539 München
Telefon: (089) 2180-3786
Telefax: (089) 2180-2907

Projektleiter

Prof. Dr. Thomas Ricklin
thomas.ricklin@lrz.uni-muenchen.de
089-2180-3786
Fax: 089-2180-2907

Sekretariat: Fr. Pirner-Pareschi
089-2180-2266
Fax: 089-2180-2907

Mitarbeiter

Manuela Kahle, M.A., wiss. Mitarbeiterin
manuela.kahle@lrz.uni-muenchen.de

Christian Kaiser M.A., wiss. Mitarbeiter
christian.kaiser@campus.lmu.de

Severija Kubilius, stud. Hilfskraft
severija_kubilius@yahoo.it

Annika Willer, stud. Hilfskraft
annika.willer@campus.lmu.de

Projektbeschreibung

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts findet eine Vielzahl griechischer Handschriften den Weg nach Italien, darunter auch die alsbald ins Lateinische übersetzten Vitae philosophorum des Diogenes Laertios. Diese biographisch-doxographische Darstellung der Schultraditionen der Antike unterscheidet sich deutlich von vergleichbaren mittelalterlichen Kompendien, werden die philosophischen Schulen doch ohne jede christliche Wertung und scheinbar frei von jeder Hierarchisierung präsentiert. Das Teilprojekt untersucht, wie Diogenes Laertios im Italien der Renaissance zur Autorität wird, wie seine ursprünglich skeptisch konzipierte philosophische Pluralität im Prozess der Pluralisierung zu tatsächlich wahrgenommener Vielfalt wird und wie im Verlauf dieses Prozesses, nicht zuletzt dank der Neubestimmung der Geschichte der Philosophie, neue Möglichkeiten des intellektuellen Diskurses initiiert werden. Der Focus liegt auf dem Zeitraum zwischen der Ankunft des griechischen Textes in Florenz und Venedig um 1416 und der Herausgabe der editio princeps des griechischen Textes 1533 in Basel. Die in starkem Kontrast zur traditionellen Autorität des Aristoteles stehende Vielfalt der philosophischen Schulen, die Diogenes Laertios ein- und vorführt, bringt Gelehrte wie Ficino, Manetti oder auch Alberti dazu, die hegemoniale Tradition im Horizont des neuen Materials zu rekonzeptualisieren und die Möglichkeiten der neu in den Blick gekommenen philosophischen Schulen auszuloten und zu erproben. Neben der Rekonstruktion dieser intensiven Auseinandersetzung mit dem neuen Text und den daraus resultierenden Reperspektivierungen des philosophischen Feldes hat ein zweites Forschungsfeld des Teilprojekts das Schicksal der Vitae philosophorum selbst zum Gegenstand. Anhand der materiellen Arbeitsspuren in den griechischen und lateinischen Handschriften, der einzelnen Etappen der lateinischen Übersetzung bis hin zur griechischen editio princeps sowie den zahlreichen Para-, Peri-, Epi- und Marginaltexten zu den diversen Versionen und Ausgaben, sollen namentlich im Umfeld der Auseinandersetzung um Plato die komplexen Prozesse exemplarisch analysiert werden, in deren Verlauf Diogenes Laertios zusehends zur auctoritas und vielleicht sogar zum kanonischen Autor avanciert. Ein dritter Schwerpunkt des Teilprojektes hat die Vitae philosophorum als historiographische Herausforderung zum Gegenstand. Angesichts der neuen Materialfülle erweisen sich die überlieferten philosophiehistorischen Kompendien des Mittealters zwar nicht als obsolet, doch wird die Philosophiegeschichte zusehends weniger als progressive Entwicklung, denn als Spektakel wahrgenommen, dessen Protagonisten sich gegenseitig neutralisieren, wodurch die Bände der neubestückten philosophiehistorischen Bibliothek schließlich auch zu einem wesentlichen Element der neuen Skepsis werden.

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